Samstag, 23. Februar 2008

In einem Winkel der Sahara

In Tindouf ist es etwa 2 Uhr morgens und die kleine Halle des Flughafens ist voller Menschen, die sich vor der Passkontrolle drängen. Eine Formalie nur, die leicht absurd wirkt, wegen der beiden hölzernen Kammern inmitten des Raumes, in denen die Beamten gewissenhaft ihre Schreibarbeit verrichten. In Algiers bereits einen Meldezettel bei der Einreise und einen weiteren bei der Weiterreise abgegeben, wollen die Leute hier auch beschäftigt sein und einen weiteren Meldezettel nach der Ankunft haben. Als müsste der kleine Posten hier am Rand der Sahara und am Rand Algeriens sein Dasein begründen.

Das Gepäck wird draußen am Gebäude auf ein kurzes Band geworfen, rollt durch einen altertümlichen Strahlenapparat und fällt dann in der Mitte des Raumes den Angekommenen vor die Füße. Wenn es nicht schon vorher von einem der beiden Uniformierten zur Seite gezogen und einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird. Mein Rucksack geht anstandslos durch die Kontrolle.

Hier beginnt nun für mich die algerische Provinz, die ich als solche überhaupt nicht wahrnehme, denn das Reiseziel heißt ja eigentlich Westsahara. Eigentlich - doch die Westsahara liegt bekanntermaßen zur Zeit teilweise in der algerischen Provinz. Das Dunkel der Nacht aber nimmt jeden Unterschied.

Ich bin in Nordafrika. Hier treffe ich Menschen mit sehr unterschiedlicher Haut- und Haarfarbe und in farbigen Gewändern. Leute sehen mich Ankömmling an, rauchen und - sagen nichts. Es riecht trotz des Zigarettenrauchs würzig nach (vermutlich) Tee.
In einer Ecke der kleinen Ankunftshalle ist so etwas wie eine Bar eingerichtet, schmutzig und schlecht beleuchtet. Direkt an dem Tresen ist niemand, aber etwas abseits sitzen ältere Männer in weiten Umhängen, die kunstvoll um den Kopf geschlagene Tücher tragen.
Auf der Toilette, die recht sauber wirkt, gibt es keine Schüsseln mehr zum Sitzen, wie noch am Flughafen von Algiers, nur ein in Keramik gefasstes Loch im Boden, durch das aber permanent ein kleines Rinnsal von Wasser fließt und auf diese Weise spült. Und das ist sogar noch Luxus.

Die Busfahrt nach Smara verläuft dann auch ruhig und dauert etwa eineinhalb Stunden. Inzwischen bin ich fast 24 Stunden auf den Beinen und entsprechend müde, und den Leuten um mich herum ergeht es wohl ähnlich, denn die meisten von ihnen hängen ihren stillen Gedanken nach.
Anderswo mögen die beiden Nahverkehrsbusse bereits ausgedient haben. Wir rollen in den harten und unübersehbar vom feinen Wüstenstaub überzogenen Sitzen in der Nacht durch die Sahara, eine deutsche und eine spanische Reisegruppe zu einem für die meisten Beteiligten noch unbekannten Ziel.

Dienstag, 19. Februar 2008

Sandkastensehnsucht

Der Rucksack steht bereits am Bett, zur Hälfte gepackt. Gedankenfetzen reißen mich immer öfter aus dem Alltag. Worum muss ich mich noch kümmern? Es ist nicht viel, was ich mitnehmen möchte, aber dieses Wenige will gut überlegt sein. Natürlich gehöre ich zu denen, die immer zuviele Dinge mit auf eine Reise nehmen, aber das muss diesmal anders sein.

In zwei Tagen beginnt meine Reise in eine mir bisher völlig fremde Lebenszone der Erde. Bei dem grauen und nasskalten Wetter der letzten Tage hier in Berlin kann ich mir diesen Sprung ebensowenig vorstellen, wie ich ihn mir inzwischen aber auch herbeisehne.
So merkwürdig es sich anhört, aber ich freue mich total auf die Sahara, auch wenn ich überhaupt nicht abschätzen kann, was es wirklich bedeutet, in jeder Himmelsrichtung über hunderte von Kilometern nur Sand um mich herum zu haben und wie weit ich mich dabei von meinen bisherigen Lebenserfahrungen entfernen werde.

Freitag, 15. Februar 2008

Eine Woche bis zur Wüste

Einen Marathon zu laufen kann ja zur Gewohnheit werden. Aber legen wir ihn in die Sahara, in den westlichen Zipfel Algeriens.
So ein Lauf in einer Gegend der Erde, in der man nach unseren Vorstellungen kaum leben kann, hat nicht nur sportliche Gründe. Natürlich ist da die Neugier, nachdem du dich einmal mit dem Gedanken angefreundet hast, die Wüste, diese unbegrenzte Fläche von Sand und Geröll, umgeben von einem nahtlosen Horizont, als einen Teil der Erde kennenzulernen.

Das Abenteuer, in diesem Fall wohl organisiert und damit richtig beschaulich, zieht dich in seinen Bann und verdrängt rationalere Gedanken. Das ist ein spannendes Gefühl und die innere Vorbereitung auf die Reise und was damit auf dich zukommt findet mit konkreten Vorstellungen von dieser abgeschiedenen Welt statt, ohne eine einzige Erfahrung mit dem Klima, den Menschen und dem Land.

Die Menschen sind ein weiterer Grund. Es leben dort ja doch auch Menschen. Es sind nicht einmal wenige. Und sie organisieren den Lauf, auf dass eine breitere Öffentlichkeit in der restlichen Welt hinschaut und aufmerksam wird, auf die Lebenssituation dieser Menschen.

Der Lauf findet bei einem von vier Flüchtlingscamps statt, das den vor rund 30 Jahren aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen seit dieser Zeit einen nur trügerischen Schutz bietet. Vor allem ist hier ein organisiertes, gesellschaftliches Leben nur schwer möglich.
Umso schöner und erwähnenswerter ist es, dass trotz dieser Situation eine Gastfreundschaft gegenüber den Fremden aus Europa möglich ist und ein sportliches Ereignis realisiert werden kann, das auch von AIMS und der UNO-Flüchtlingshilfe unterstützt wird.
Aus Deutschland werden wir wohl mit 23 engagierten Sportlern diesen Versuch zu mehr öffentlichem Interesse unterstützen. Eine kleine Delegation im Vergleich zu der Größe des Problems. Aber wir sind ja auch nur so etwas wie Multiplikatoren.

- Es würde den Menschen helfen, wenn darüber gesprochen wird.


Infos über den Sahara-Marathon