Sonntag, 20. Januar 2008

Abwechslung beim Orientierungslauf



Ich wollte gern wissen, ob es vielleicht Orientierungslaufkarten aus der Umgebung von Nizza gibt, auf denen ich hätte trainieren können, wenn ich jetzt für zwei Wochen in dieser Gegend lebe. Frankreich ist eine der führenden OL-Nationen und ich hätte mich geärgert, wenn ich nicht wenigstens einmal danach geschaut hätte.

Aber über Karten ist mir leider nichts bekannt geworden. Immerhin fand ich zwei Sportvereine in der Stadt, die dem französischen OL-Verband angeschlossen sind. Hier habe ich versucht, bereits vor der Reise nach Nizza Kontakt zu knüpfen. Leider ohne Erfolg. Vermutlich ist mein Französisch doch zu schlecht für eine erfolgreiche Konversation per e-mail, vielleicht gibt es andere Gründe - jedenfalls bekam ich keine Antwort auf meine Fragen nach Trainingsmöglichkeiten. Stattdessen aber wurde im Nachbar-Departement 'Var' ein OL-Wettkampf als Saisoneinstieg angeboten.
Das wäre es doch! - dachte ich mir. Die Ausschreibung im Netz versprach eine unkomplizierte Organisation mit Anmeldung vor Ort, leider aber mehr als 100 km von Nizza entfernt, irgendwo in den Bergen zwischen Draguignan und St Tropez.

Na ja, trotzdem eine schöne Möglichkeit - dachte ich bei mir und reservierte mir einen Leihwagen für das Wochenende. Für einen einzigen OL ein recht hoher Aufwand, ich verspreche mir davon aber auch, die weitere Gegend um Nizza herum und entlang der Küste kennenzulernen.

Ich möchte heute möglichst früh aufbrechen und will deshalb auf das inzwischen eingefahrene spartanische Frühstück bei Monique verzichten. Acht Uhr ist mir zu spät, da müsste ich schon unterwegs sein. Es ist ja nicht so, dass ich aus dem Haus trete und sofort ins Auto steigen kann. Ungefähr 500 Meter entfernt steht es in einer Tiefgarage. Aber ich komme nicht rechtzeitig los, treffe sie in ihrer Küche und versuche ihr zu erklären, dass ich gerade heute morgen, an diesem Sonntag, keine Zeit habe. Sie nötigt mich dennoch zu einem kurzen Gespräch und einem der Croissants, von denen sie gerade heute mehrere für mich besorgt hat. Sie wird sich sicherlich fragen, warum ich unbedingt zu einem mehr als 100 km entfernt ausgerichteten OL fahren muss. - Verrückt, der Deutsche.

So komme ich doch deutlich später in Nizza los, als ich geplant hatte. Die Autobahn ist an diesem Sonntagmorgen aber nur wenig befahren und ich komme ohne Probleme voran. Im Radio werden schöne französische Chansons gespielt. Die Gegend ist einfach sehr hübsch, nicht nur wenn die Sonne tief steht und der Himmel dann besonders blau erscheint, und meine Gedanken gehen weg von der Realität hin zu Menschen, die ich mag und denen ich gerade jetzt gern von meinen Eindrücken hier in Südfrankreich erzählen möchte.

An diesem Morgen bin ich einmal mehr auf das Wetter hereingefallen. In Nizza lag die Lufttemperatur noch deutlich über zehn Grad, doch während der Fahrt fällt die Temperatur beständig. Nach etwa einer Stunde bin ich inzwischen weit von der Küste entfernt in den Bergen des Verdun und es sind nur noch 4 Grad plus und es macht sich inzwischen Nebel breit. Damit habe ich ja gar nicht gerechnet. Der Nebel wird auch immer dichter, die Sicht schränkt sich ein und zwingt zum Verlangsamen.

Ich komme aber trotz aller Hindernisse noch pünktlich am Treffpunkt des OL an, bin sogar einer der früh anreisenden. An der Landstraße war die Markierung nicht zu übersehen, an der man abzweigen und über Land auf einer Piste weiterfahren sollte. Der Boden ist lehmig, sandig, die Piste sehr uneben. Hätte ich mit dem Leihwagen hier überhaupt fahren dürfen?
Egal, es sind nur knapp zwei Kilometer.

Die Registrierung aber geht schief. Was ich nicht wusste, ist, dass man in Frankreich Mitglied eines Sportvereins sein muss und eine Starter-Lizenz haben muss, um (auch bei einem einfachen regionalen OL) starten zu dürfen. Nach etwas Diskussion, die ich gar nicht im Detail verstanden habe, darf dann doch starten - allerdings außer Konkurrenz.
Na auch egal, ich will ja eigentlich nur trainieren.

Am Start dann noch eine Überraschung: jeder muss sich seine Bahn selbst in die Karte einzeichnen. Kein Problem für diejenigen, die mit Sport-Ident-Chip laufen und beim Start mit der dann fertigen Karte ihre reale Startzeit elektronisch erfassen. Als Außerkonkurrenz darf ich aber meinen Chip garnicht benutzen; meine Zeit läuft also schon muntere sechs Minuten bevor ich mit der Bahn auf der Karte fertig bin und loslaufe.

Danach wird alles wunderschön. Der Nebel lichtet sich allmählich, es wird auch wärmer. Nachdem ich gleich für den ersten Posten, der gar nicht weit vom Start entfernt liegt, deutlich zu lange brauche, bin ich auch in der Karte drin. Etwas mehr als hundert Minuten bin ich dann auf meiner Bahn unterwegs. Die Vegetation ist teilweise sehr dicht und undurchdringlich, die Büsche manchmal dornig, meist aber einfach nur hart und starr und nicht zu durchlaufen, da hochgewachsen.
Wege gibt es kaum, Pfade sehr viele und die Kartierung ist sehr genau. Die Hochebene Massif des Maures, auf der dieser OL stattfindet ist sehr felsig und viele langgezogene aber gar nicht hohe Felsen liegen über die ganze Gegend verteilt. Auch sie sind gut kartiert, machen die Karte damit aber unübersichtlich und wegen der stellenweise Beliebigkeit der Landschaft, fällt die Orientierung dann auch manchmal schwerer.

Am Ende bin ich um die Erfahrung reicher, das eine Hochebene in Südfrankreich durchaus einer Hochebene in Südnorwegen ähneln kann, was die Verteilung von Felsen und Vegetation betrifft.
Auch, dass in anderen Ländern doch andere Regeln gelten können, was die Startberechtigung betrifft. Die Schönheit der Landschaft, wenn sich etwaiger Nebel erst verzogen hat, rechtfertigt aber allemal eine Reise übers Land.

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