Mittwoch, 19. Dezember 2007

Nein, diese Traditionen...


..von denen du nicht einmal sicher weißt, ob es sich dabei tatsächlich um eine Tradition, oder nur um einen sich im Laufe der Jahre verselbstständigten, weil von irgend jemandem einmal am richtigen Ort geschickt lancierten Gag handelt. In der Weihnachtszeit ist einfach vieles möglich, auch das rückstandsfreie Verklappen alten Mülls.

Man stelle sich das vor: 28 sehr erwachsene Menschen sitzen auf Stühlen in einem klassisch spartanisch eingerichteten Raum im Kreis, was nicht zwingend vorgeschrieben ist, die Möblierung kann eher beliebig arrangiert sein, aber praktisch ist es tatsächlich, auf Überflüssiges bei diesem traditionellen Spiel zu verzichten, ja sogar ideal, wenn der Boden frei von Hindernissen ist und die Teilnehmer dicht beieinander im Kreis sitzen können.
Man kommt nicht zufällig zu diesem Spiel, soviel sei vorweggeschickt. Vielmehr muss man sich vorbereiten und ein möglichst grauslig hässliches, überflüssiges Ding zu einem hübsch verpackten 'Geschenk an Unbekannt' umwidmen.

Dieses traditionelle Spiel beginnt nun damit, dass jemand den ganzen Stapel der anonym abgegebenen Geschenke - niemand soll ja wissen, wer was vorbereitet hat - in der Mitte des Raumes aufschichtet, für alle gut sichtbar. Dann beginnt das Würfeln, rei um, jeder einen Wurf und danach der Nächste.
Dabei gilt anfangs eine gewürfelte Sechs als Aufforderung zur freien Auswahl aus dem Geschenkestapel. Alle anderen gewürfelten Ziffern sind Nieten. Aber - Hallo!, nicht gleich öffnen. Wer ein Geschenk gewählt hat, scheidet aus dieser ersten Spielrunde erstmal aus.
Da sich nicht sehr häufig Sechsen einstellen, wird bald entschieden, dass auch eine Eins zur Auswahl eines Geschenks berechtigt. Daraufhin beschleunigt sich das Verteilen der Geschenke etwas und bald sind alle Beteiligte fröhlich und voller Erwartung mit 'ihrem' noch hübsch verpackten Kasten, oder was immer es auch sein mag, bechäftigt.

Jetzt heißt es Auspacken, einer nach dem anderen, damit alle etwas von der Überraschung der Einzelnen haben. Nun fällt die hübsche Schale in sich zusammen zum Vorschein kommt: am häufigsten einfachste bis geschmacklose Kerzenhalter, Teelichter und ähnliches. Aber auch ein Buch, Tulpenzwiebeln, ein Kartenspiel, Porzellanfiguren, ein chinesischer Reise-Betschrein, Räucherstäbchen, ein mit Batterie betriebener Handventilator und vieles mehr.
Pech hat, wer glaubt, seine Überraschung behalten zu können. Denn erneut beginnt die Würfelrunde, jetzt mit erschwerten Regeln.
Würfelt jemand eine Drei, so muss jeder sein Geschenk an den linken Nachbarn oder die linke Nachbarin weitergeben, würfelt jemand eine Fünf, so darf er/sie sich ein anderes Geschenk aussuchen und tauscht mit dessen aktuellem Eigentümer sein aktuelles Geschenk ein. Gewürfelt wird solange, bis die Zeit abgelaufen ist. Man einigt sich auf etwa zehn Minuten.
Na ja, da der Gebrauchswert der einzelnen Dinge, die den Beleiligten zu Füßen oder in Händen liegen, höchst unterschiedlich ist, bilden sich auch schnell gezielte Interessen auf zwei oder drei der 28 Geschenke. Wie schnell da gewürfelt wird, um möglichst häufig eine Drei zu finden, damit bloß 'der Ramsch' nicht 'bei mir' bleibt. Schnell eine Fünf, ich will die Tasse mit der Tüte voll Schokolade haben.

Es wird vor allen Dingen immer wieder sehr laut und schrill, wenn die Damen sich nicht darüber satt lachen können, wenn die unmodischen Kertzenhalter wieder einmal den Besitzer wechseln. Eben den chinesischen Lampenschirm ergattert, schon wieder die beiden glitzernden Porzellanvögel in Händen - grausam.
Es endet nach zehn Minuten, nichts und niemand ist mehr auf seinem Platz, das Papier der ehemaligen Verpackung zerfleddert und verteilt und niemand kann behaupten, er hätte einen guten Tausch gemacht.
Fast niemand. -


Keine Kommentare: